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Voraussetzungen für die Selbständige Tätigkeit im Vertragsärztlichen Notdienst

In der komplexen Welt des Gesundheitswesens ist es unerlässlich, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten jederzeit gewährleistet ist, insbesondere in akuten Situationen. Der vertragsärztliche Notdienst spielt dabei eine zentrale Rolle. Doch die Rahmenbedingungen für die Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten, insbesondere der sogenannten Poolärzte, waren lange unklar. Eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Jahr 2023 stellte die selbstständige Tätigkeit dieser Ärzte in Frage und sorgte für Unsicherheit bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und den Ärzten selbst.

Die Voraussetzungen für selbstständige Tätigkeit im vertragsärztlichen Notdienst sind nun geklärt

  • Hintergrund

Nach § 75 SGB V sind die Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) verpflichtet, die Versorgung auch zu sprechstundenfreien Zeiten sicherzustellen. Wesentlich ist hierfür u.a. ein flächendeckendes Netz von Bereitschaftsdienstpraxen und mobilen Diensten. Die KVen haben den Bereitschaftsdienst im Sinne einer stärkeren Patientenorientierung – insbesondere im Hinblick auf verlässliche Anlaufstellen, regionale Erreichbarkeit und Öffnungszeiten – ausgestaltet. Überwiegend ist der Bereitschaftsdienst mit Vertragsärzten besetzt, in Teilen wirken auch sogenannte Poolärztinnen und -ärzte mit. Als solche werden Ärztinnen und Ärzte bezeichnet, die in der Regel ein anderes Arbeitsverhältnis haben, z. B. Klinikärzte oder bereits im Ruhestand sind und die Zeiten des Notfalldienstes mit gewährleisten.

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte 2023 entschieden, dass ein sog. Poolarzt im vertragszahnärztlichen Notdienst nicht automatisch selbstständig tätig ist, sondern die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind (BSG, Urteil vom 24.10.2023 – B 12 R 9/21 R). Eine allgemeinverbindliche Festlegung wie in Zukunft der ärztliche Notdienst zu regeln ist, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, regelte der Senat nicht.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), KVen und Ärzteverbände haben daraufhin ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass zukünftig nicht mehr genug Poolärzte zur freiwilligen Übernahme von vertragsärztlichen Notdiensten bereit sein werden, wenn sie dort nicht selbstständig tätig sein könnten. Dies würde die Aufrechterhaltung des vertragsärztlichen Notdienstes in seinem bisherigen Umgang konkret gefährden. Die Klärung der versicherungsrechtlichen Statusbeurteilung war daher dringend notwendig.

  • Lösung zwischen KVB, KVen, BMG, BMAS sowie der DRV

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) haben in einem Dialogprozess mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie der Deutschen Rentenversicherung Bund Voraussetzungen geschaffen, wann beim vertragsärztlichen Notdienst von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen ist.

Als Ergebnis dieses Dialogprozesses sind im Sommer 2024 drei Voraussetzungen für die zukünftige Ausgestaltung herausgearbeitet worden, unter denen der vertragsärztliche Notdienst im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden kann.

  • Eigene Abrechnung/entsprechende Vergütung: Ärztinnen und Ärzte rechnen – wie bei der Behandlung der Versicherten in einer eigenen Praxis – die von ihnen konkret erbrachten Leistungen nach der Gebührenordnung mit eigener Abrechnungsnummer selbst ab und werden entsprechend ihrer tatsächlich erbrachten Leistungen vergütet.
  • Zahlung eines Nutzungsentgelt: Die Ärztinnen und Ärzte zahlen für die Nutzung der von den Kassenärztlichen Vereinigungen für den vertragsärztlichen Notdienst gestellten Räumlichkeiten sowie für die personellen und sachlichen Betriebsmittel ein im Verhältnis zu den tatsächlichen Betriebs-, Personal- und Materialkosten angemessenes und nicht umsatzbezogenes Nutzungsentgelt. Dieses soll nicht notwendig kostendeckend, aber auch nicht nur symbolisch sein.
  • Keine höchstpersönliche Leistungserbringung: Die Ärztinnen und Ärzte müssen den vertragsärztlichen Notdienst nicht höchstpersönlich erbringen, sondern können sich durch selbst gewählte und entsprechend qualifizierte Personen vertreten lassen.

Wenn diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, dann ist im vertragsärztlichen Notdienst sowohl bei Vertragsärzten als auch bei Poolärzten von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen.

Nach Information der KBV sollen die vereinbarten Eckpunkte noch in Gesetzesform gegossen werden. Unabhängig davon können sie aber ab sofort angewendet werden, vgl. KBV – Konstruktiver Dialog schafft Sicherheit: Voraussetzungen für selbstständige Tätigkeit im vertragsärztlichen Notdienst geklärt.

  • Ausblick

Für die Tätigkeit von (Pool-)Ärztinnen und Ärzten im vertragsärztlichen Notdienst dürften diese Regelungen zukünftig für Rechtssicherheit sorgen, so dass sich alle Beteiligten wieder auf die eigentliche Kernaufgabe, die bestmögliche Patienten- und insbesondere die Notfallversorgung sicherzustellen, konzentrieren können.

Offen bleibt allerdings, ob diese Kriterien auch auf andere Konstellationen von Kooperationen im Gesundheitswesen z.B. zwischen Praxen, MVZ und Krankenhäuser einerseits und selbständig tätigen Ärztinnen und Ärzten (oder sogar Praxen mit der Organisationsstruktur einer GbR) andererseits angewandt werden können, um statusrechtliche Streitigkeiten damit zu beenden bzw. zu verhindern.